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Ein- und Ausgangsschaltungen von Effektgeräten und Verstärkern

Einleitung

In der Klangkette einer Elektrogitarre werden eine Vielzahl von Geräten verwendet, um den Klang oder die Lautstärke zu verändern. Neben der eigentlichen Funktionseinheit existieren in so einem Gerät am Eingang und am Ausgang spezielle Schaltungsteile. Je nachdem wie sie aufgebaut sind, können sie ebenfalls den Klang beeinflussen, was manchmal durchaus nicht als positiv bewertet wird. Wer mit den Details ein wenig vertraut ist, kann leicht Probleme erkennen und für Abhilfe sorgen.

In diesem Artikel werden unterschiedliche Ein- und Ausgangsstufen am Beispiel von verschiedenen Verstärkern und Effektgeräten gezeigt. Sie sind also im weitesten Sinne als "aktiv" aufzufassen; sprich, sie benötigen zum Betrieb eine Energieversorgung.

Zum Schluß finden sich ein paar allgemeine Richtlinien für die elektrische Kombination von Effektgeräten, die sich aus den Erkenntnissen der vorangegangenen Abschnitte ergegeben.


1. Grundlagen

1.1. Das Schalenmodell

Ein Gerät, welches im weitläufigsten Sinne zur Signalverarbeitung dient, kann grob in zwei Blöcke zerlegt werden: Das Interface, mit dessen Hilfe die Kommunikation nach Außen abgewickelt wird und den Kern (engl. Core), in dem die eigentliche Funktion stattfindet.

Natürlich kann man sich auch kompliziertere Geräte vorstellen, die über mehrere Ein- und Ausgänge verfügen und verschiedene Funktionen realisieren. Verallgemeinert, läßt sich jedes Gerät in einen sogenannten Kern und das Interface zerlegen, welches den Kern wie eine Schale umschließt und ihn so nach Außen abschirmt. Nach diesem Prinzip sind heute alle modernen integrierten Schaltungen aufgebaut. Es geht sogar soweit, daß Funktionsblöcke in komplexeren Schaltungen ebenfalls über einen eigenen Interface-Ring verfügen und in deren Kernen sitzen weitere Funktionsblöcke, die...

Bild 1: Schalenmodell eines Gerätes mit Kern und Interface-Ring

Für die Anwendung in der Elektrogitarre ist es ausreichend, sich auf ein einfaches Gerät mit nur einem Ein- und Ausgang zu beschränken. Je nach Funktion ist der Aufbau des Funktionsblocks unterschiedlich kompliziert und teilweise nur von Fachleuten zu verstehen. Wir überlassen ihnen daher dieses Feld und beschäftigen uns nur mit dem Interface, welches für uns schon genügend Herausforderungen bereit hält!

Die Schaltungsteile im Interface haben letztendlich zwei einfache Aufgaben. Sie sollen

  1. eine geeignete elektrische Anpassung an die Signalquelle und die angeschlossene Last am Ausgang vornehmen und
     
  2. die Funktionseinheit von äußeren Einflüssen isolieren.

Gerade der letzte Punkt ist bei einer passiven Elektrogitarre nicht gegeben, denn das Instrumentenkabel übt einen starken Einfluß auf den entstehenden Klang aus. Nimmt man ein anderes Kabel, so verändert sich die Kapazität mit der der Tonabnehmer belastet wird und es klingt anders. Würde man die Gitarre durch eine geeignete aktive Schaltung jedoch vom Kabel trennen, so wäre dieser Einfluß nicht mehr wirksam und der entstehende Klang vom angeschlossenen Kabel unabhängig.

Die Elemente des Interface bestehen in erster Linie aus unterschiedlichen Verstärkern, die zunächst für eine rückwirkungsfreie Entkopplung der Funktionseinheit sorgen. Wenn man von Außen in das Gerät "hineinschaut", dann sieht man einige charakteristische Eigenschaften, die mit den Nachbargeräten in der Kette wechselwirken:

Einem Eingang ist in erster Linie der sogenannte Eingangswiderstand zuzuordnen, der als Last für das vorhergehende Gerät fungiert. Für den Ausgang sind zwei Größen wichtig: Der Ausgangswiderstand und die maximale Ausgangsspannung, die an eine definierten Last geliefert werden kann. Beim "BF-2" von Boss wird zum Beispiel eine "Input Impedance" von 470kOhm sowie eine minimale "Output Load Impedance" von 10kOhm angegeben. Die Angabe der dabei möglichen Ausgangsspannung fehlt leider.

Der Ausgangswiderstand ist besonders wichtig, denn er bildet zusammen mit dem Eingangswiderstand des nachfolgenden Gerätes einen Spannungsteiler und sorgt so für eine - unter Umständen merkliche - Verringerung der Signalamplitude. Ein vergleichbares Verhalten gilt dann natürlich auch für den Eingangswiderstand unseres Gerätes in Kombination mit dem Augangswiderstand des vorhergehenden Gerätes.

Im weiteren Verlauf beschränken wir uns auf die Betrachtung der eben genannten Größen. Wie die betreffenden Schaltungsteile im Detail funktionieren, ist dann nicht von besonderem Interesse.

1.2. Die Kopplung von Funktionsblöcken

Gemäß den eben gemachten Ausführungen, kann man einen Funktionsblock aus elektrischer Sicht allgemein wie folgt beschreiben:

Bild 2: Funktionsblock als elektrisches Modell (Vierpol)

Auf der Eingangsseite sehen wir eine Eingangsimpedanz Zin, über der die Eingangsspannung Uin abfällt. Wir fassen Zin in den meisten Fälle als rein ohmsch auf und schreiben deshalb Rin. Sollte der Eingang ebenfalls eine parallele Kapazität aufweisen, so muß sie dann parallel zu Rin als Cin berücksichtig werden. Der Ausgang besteht aus einer Reihenschaltung einer idealen Spannungsquelle Uout und der Ausgangsimpedanz Zout, die in der Regel wieder als Rout und damit als ohmsch aufgefaßt wird. Die Ausgangsspannung ist jetzt über den Übertragungsfaktor g mit der Eingangsspannung verknüpft. In diesem Modell entspricht g einer Verstärkung oder einer Dämpfung. Uout ist also eine abhängige Größe, eine gesteuerte Spannungsquelle. Eine eventuelle Rückwirkung des Ausgangs auf den Eingang ist denkbar, wird jedoch in diesem Modell, aufgrund der Eigenschaften moderner Transistoren, vernachlässigt.

Im Übertragungsfaktor g steckt die eigentliche Funktion des Blocks. Im Falle eines Verstärkers ist g für alle Frequenzen eine konstante Größe. Bei einem Filter verändert g zum Beispiel seinen Wert in Abhängigkeit der Frequenz.

Natürlich kann man sich noch andere Modelle vorstellen. Insbesondere bei Transistoren wird am Ausgang gerne eine Stromquelle mit parallelem Leitwert verwendet. Am Ergebnis ändert das jedoch nichts. Hier wird der Übertragungsfaktor g lediglich durch die sogenannte "Steilheit" ersetzt.

Erzeugen wir jetzt in Gedanken eine einfache Übertragungskette mit einer Quelle U0, dem Funktionsblock und einer Last RL:

Bild 3: Funktionsblock mit Signalquelle U0 und Last RL

Man erkennt auf beiden Seiten Spannungsteiler, die aus R0 und Rin sowie aus Rout und RL gebildet werden. Sie verringern grundsätzlich die Spannung. Es existieren also insgesamt drei Übertragungswerte, die miteinander multipliziert werden: Die der beiden Spannungsteiler und g. Damit ist klar geworden, daß die Ein- und Ausgangswiderstände bezüglich der Übertragungseigenschaft der gesamten Kette durchaus eine Rolle spielen können!

Sind alle Widerstände rein ohmsch, dann tritt lediglich eine konstante Dämpfung über alle Frequenzen auf. Anders sieht es jedoch aus, wenn einige Elemente Impedanzen sind, also zum Beispiel auch eine kapazitive Wirkung haben. Dann wird das entsprechende Übertragungsverhalten frequenzabhängig. Die passive Elektrogitarre als Signalquelle ist dafür ein gutes Beispiel: Der Eingangswiderstand dämpft hier die Resonanz des Tonabnehmers, der ja tatsächlich eine Impedanz ist, und eine kapazitive Belastung - zum Beispiel durch das Instrumentenkabel - verschiebt die Resonanzfrequenz nach unten.

Sehen wir uns zum Schluß einen typischen Fall an: Das letzte Effektgerät in der Kette (es könnte natürlich auch eines aus der Mitte sein) wird über ein Kabel mit dem Verstärkereingang verbunden. Hier die elektrische Situation:

Bild 4: Kopplung mit kapazitiver Last

Die Übertragungsfunktion besteht aus zwei Faktoren: Einem konstanten proportionalen Anteil, der als Verstärkung v aufgefaßt werden kann (auch wenn sie im vorliegenden Fall kleiner als 1 und daher eine Dämpfung ist) und einem Tiefpaß, der unter anderem durch CK definiert wird und eine Grenzfrequenz fg aufweist.

Jetzt wird es praktisch! Unser gedachter Gitarrist benutzt einen selbstgebauten Booster (sein ganzer Stolz) vor seinem - wie könnte es anders sein? - Marshall-Amp. Da die Gitarre mit dem "Vogel" zu laut ist, wird der "Low"-Eingang des Verstärkers benutzt. Damit sei Rout=33kOhm (angenommen) und Rin=136kOhm (bekannter Wert). Beim Kabel kommt es ja nicht so darauf an. In der Kiste fanden sich noch 15m. "Also her damit! Schneid' ich später mal ab!" Wenn man die Daten des Kabels nicht kennt, kann man immer von 100pF/m ausgehen. CK ist hier also 1500pF = 1,5nF! Und nun wird gerechnet.

Frage: Wie groß ist die Verstärkung v und welchen Wert hat die Grenzfrequenz fg?

Antwort:

Die Verstärkung beträgt: 0,8 (-1,9dB)

Die Grenzfrequenz beträgt 4kHz

"Leider kommen da etwas wenig Höhen raus, aber beim nächsten Geburtstag ist dann ein Treble-Booster fällig! Der kommt vor meinen Booster. Dann wird das bestimmt besser!"

Na, wenn sich unser Gitarrist da man nicht täuscht!

Bei einer Grenzfrequenz von 4kHz darf man sich über "dumpf" nicht wirklich wundern! Wenn man sich die entsprechende Formel ansieht, liegen die Lösungen auf der Hand. Müssen es denn wirklich 15m Kabel sein? Wenn 5m ausreichend sind, dann reicht ein beherzter Griff zu Seitenschneider und Lötkolben und der Lohn ist eine Grenzfrequenz von 12kHz. Da geht dann gleich die Sonne auf und es kostet keinen Pfennig, pardon Cent!

Ist das Kabel heilig, dann sollte man einen Blick auf den Ausgangswiderstand des Boosters werfen. Wenn er auf 10kOhm verringert wird, dann wird die Grenzfrequenz 11,4kHz! Gleichzeitig steigt die Verstärkung auf 0,93 (-0,6dB) an. Nimmt man jetzt noch ein Kabel mit einem Kapazitätsbelag von 80pF/m dann sind sogar 14,2kHz drinne. Der geplante Treble-Booster hingegen, wird an dem Problem nichts ändern! Da helfen dann auch keine Anfragen in irgendwelchen Online-Foren!

Aus diesem Beispiel ist gut zu erkennen, welche Folgen auftreten können, wenn die verwendeten Geräte nicht richtig aufeinander abgestimmt sind. Wer die Situation dann auch noch falsch analysiert und, der Werbung folgend, einfach eine "Zauberkiste" kauft, wird im Zweifelsfall nicht glücklicher, sondern nur ärmer!

Das eigentliche Problem besteht, im gezeigten Beispiel, aus der schlechten Anpassung von Funktionsblock (hier der selbstgebaute Booster) und dem Verstärkereingang mit der kapazitiven Kabellast.

Soll oder kann man am Booster oder der Last nichts verändern, dann ist eine geeignete Anpassungsschaltung erforderlich, die zwischen Booster und Verstärker geschaltet wird. Sie muß einerseits einen ausreichend großen Eingangswiderstand haben, um die entstehende Dämpfung zu minimieren (hier wäre 1MOhm nicht schlecht) und andererseits einen ausreichend kleinen Ausgangswiderstand aufweisen, um die Grenzfrequenz des entstehenden Tiefpasses groß genug werden zu lassen (hier sind 10kOhm oder weniger sicherlich eine gute Wahl). Darüber hinaus muß sie natürlich aus noch "stark" genug sein, um die gewünschte Amplitude für das Signal an der Last treiben zu können.

Damit hätten wir den "Funktionsblock" Booster um eine Ausgangschaltung als "Interface" erweitert.


2. Verstärker

Unter dem Begriff "Verstärker" versteht der Musiker den Instrumentenverstärker, der das Signal soweit verstärkt, daß damit ein Lautsprecher betrieben werden kann. Abseits dieser etwas engstirnigen Vorstellung findet man Verstärker in großer Anzahl in alle elektronischen Geräten für die Elektrogitarre.

Eigentlich ist der Instrumentenverstärker nichts anderes als eine sehr leistungsfähige Anpassungsschaltung, die eine geeignete Spannungsverstärkung liefert und diese über einen Impedanzwandler an eine definierte Last - hier der Lautsprecher - ausgibt. Insofern gibt es dort eigentlich keinen Funktionsblock.

Die Praxis sieht jedoch ein wenig anders aus, denn der Instrumentenverstärker dient in gewisser Weise auch als Effektgerät: Die Klangeinstellung, die Möglichkeit eine nichtlineare Verzerrung zu erzeugen, sowie ein gegebenenfalls vorhandenes Tremolo oder gar ein Chorus sprechen da eine deutliche Sprache. Moderne Geräte bieten darüber hinaus noch die Möglichkeit, externe Effektgeräte in den Signalweg einzuschleifen. Über diese sogenannten Einschleifwege (engl. Effect-Loop) wird übrigens auch eine interne Hallspirale angeschlossen. In diesem Fall ist jedoch eine besondere Anpassung erforderlich. Ein normaler Einschleifweg ist zum Anschluß einer Hallspirale also nicht geeignet!

Bild 5: Schalenmodell eines Instrumentenverstärkers mit Einschleifwegen

Über Verstärker, speziell über Endstufen und die dazugehörenden Lautsprecher sind mittlerweile "unendlich" viele Bücher geschrieben worden. Zu weit wollen wir uns hier also nicht in Details verstricken. Eine wichtige Größe stellt jedoch der Dämpfungsfaktor dar, der das Verhältnis von Lautsprecherimpedanz und Ausgangswiderstand der Endstufe darstellt. Je größer der Dämpfungsfaktor ist, desto präziser folgt die Lautsprechermembran der angelegten Signalspannung. In der Praxis tritt jedoch immer eine gewisse Verzögerung auf, die durch die träge Masse der Membran begründet ist.

In HiFi-Verstärkern ist man bestrebt, einen möglichst großen Dämpfungsfaktor zu erreichen. Als gut gelten hier Werte ab 50 aufwärts, die bei einer Lautsprecherimpedanz von 8Ohm immerhin einen Ausgangswiderstand von 0,16Ohm erfordern! Einen solchen Wert erreicht man nur mit modernen Transistorverstärkern, die als Ausgangsstufe einen Spannungsfolger verwenden.

Röhrenendstufen arbeiten mit der Kathodenschaltung, die mit der Emitterschaltung eines bipolaren Transistors zu vergleichen ist. Hier gibt es quasi einen festen Ausgangswiderstand, der mit Hilfe des Übertragers an die Lautsprecherimpedanz angepaßt wird. Um eine optimale Leistungsübertragung zu erreichen, arbeitet man hier mit der Leistungsanpassung, das heißt, daß der Ausgangswiderstand der Endstufe gleich dem Widerstand des Lautsprechers ist. Damit beträgt der Dämpfungsfaktor also nur 1. In der Folge kann der Lautsprecher ein gewisses Eigenleben entwickeln, denn er ist nicht so fest an die Endstufe gekoppelt, was sich in einer klanglichen Einfärbung äußert. Dieser Unterschied zum Transistorverstärker ist ein Bestandteil des sogenannten "Röhren-Sound".

Nachdem wir die Ausgangstufe eines Verstärkers quasi kurz und schmerzlos abgehandelt haben, wenden wir uns nun der Eingangsstufe zu.

"Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht."

Dieser Satz aus Genesis 1,2 könnte auch für den Instrumentenverstärker gelten, denn schon mit den ersten Geräten, die in den frühen 30er Jahren des letzten Jahrhundert entwickelt wurden, verbreitete sich das warme Glühen der Elektronenröhren auf Bühnen und in Probenräumen und ist bis heute nicht erloschen, denn "Gott sah, daß das Licht gut war." (Genesis 1,4).

Seit dieser Zeit hat sich die Eingangsschaltung eines Röhrenverstärkers im Grunde genommen nicht verändert. Für den Eingangswiderstand von Gitarrenverstärkern hat sich dadurch quasi eine Art Standard etabliert, der letztendlich historisch begründet ist. Bei Geräten, die über zwei unterschiedlich empfindliche Eingänge verfügen, beträgt er 1MOhm für "Hi" und 136kOhm für "Low".

Bild 6: Typische Eingangsstufe eines Röhrenverstärkers (Fender, Marshall, Vox)

Die beiden 68kOhm-Widerstände haben dabei mehrere Funktionen: Sie dienen zum einen als sogenannter "Grid Stopper" der einerseits einen eventuell auftretenden Gitterstrom begrenzt, andererseits zusammen mit der Eingangskapazität der Röhre einen Tiefpaß bildet. Die Eingangskapazität besteht aus der Summe der Gitter-Kathoden-Kapazität und der von der Verstärkung und der Gitter-Anoden-Kapazität abhängigen "Miller-Kapazität". Hier können bei einer ECC83, je nach eingestellter Verstärkung, Werte bis zu 150pF entstehen. Der daraus entstehende Tiefpaß hat dann eine Grenzfrequenz von rund 15kHz. Höhere Frequenzen werden also gesperrt. Damit wird verhindert, daß Signale von Rundfunksendern in die Röhre gelangen und dort demoduliert und damit hörbar werden. Die 68kOhm sind also wertmäßig nicht "vom Himmel gefallen"!

Beide Widerstände bilden, wenn das Signal an "Low" angeschlossen wird, einen Spannungsteiler, durch den die Eingangsspannung halbiert wird. Damit ist "Low" dann also nur halb so empfindlich wie der "Hi"-Eingang.

Gibson verwendet im "GA-40 Les Paul" ebenfalls dieses Schaltungskonzept. Allerdings werden hier statt 68kOhm Grid Stopper mit einem Widerstand von 51kOhm verwendet. Damit beträgt der Eingangswiderstand 102kOhm und 1MOhm. Im "GA-60 Hercules" gibt es eine weitere Variante mit Grid Stoppern von 100kOhm. Der 1MOhm-Widerstand wird durch 470kOhm ersetzt und hinter den Grid Stoppern positioniert. Resultat: 182kOhm und 570kOhm.

Bild 7: Eingangsstufe eines Gibson GA-60 Hercules

Bermerkenswert ist hier das Fehlen des Kathodenkondensators. Dadurch entsteht eine starke Gegenkopplung, welche die Verstärkung verringert. Vermutlich hat man damit das Ziel verfolgt, einen möglichst "sauberen" Klang zu erzeugen, indem man konsequent den Klirrfaktor herabsetzte.

Die amerikanische Firma Mesa-Boogie gilt als Vertreter des modernen Röhrenverstärkerbaus. Ausgehend von einem Fender "Princeton" experimentierte Randall Smith damit, dem kleinen Gerät stärkere Verzerrungen zu entlocken. Zu diesem Zweck verwendete er einfach die Eingangstriode des zweiten Kanals, die dann vor die Eingangstriode des ersten Kanals geschaltet wurde. Auf diese Weise konnte auch schon bei vergleichsweise geringen Lautstärken eine große Verzerrung erreicht werden. Randal verzichtet dabei auf verschiedene Empfindlichkeiten. In der Folge gab es keinen "Hi"- und "Low"-Eingang.

Bild 8: Typische Eingangsstufe des Mesa-Boogi Dual Rectifier

Hier beträgt der Eingangswiderstand ganz einfach 1MOhm. Auf die Grid Stopper wurde ebenfalls verzichtet. Stattdessen findet man in einigen Verstärkern von Mesa eine kleine Ferrit-Perle, die direkt auf der Eingangsleitung sitzt. Ihre Induktivität wirkt, zusammen mit dem Eingangswiderstand, ebenfalls als Tiefpaß für Rundfunksignale.

Schalten wir nun das "Licht" wieder aus und sehen uns die Eingänge einiger Transistorverstärker an:

Yamaha nutzt in den diskreten Transistorverstärkern G25, G50 und G100 der Serie I eine vergleichbare Beschaltung wie in den bekannten Röhrenverstärkern. Hier wurde lediglich die Röhre durch einen Feldeffekttransistor ersetzt und ein Trennkondensator ergänzt:

Bild 9: Eingangsstufe eines Yamaha G100 Serie I

Der Eingangswiderstand beträgt 132kOhm für "Low" und 1,034MOhm für "Hi". Den Wert für die Grid Stopper hat man wohl blind übernommen, denn bei FETs werden deutlich geringere Verstärkungen erreicht. In der Folge ist die Eingangskapazität wesentlich geringer. Sie liegt typisch zwischen 6pF und 20pF. Um eine Grenzfrequenz von 15kHz zu erreichen, wäre dann ein Grid Stopper mit einem Wert zwischen 500kOhm und 1,7MOhm notwendig.

Was Yamaha Recht ist, ist dem Konkurenten Roland natürlich nur billig und so handelte man gemäß dem Wahlspruch "Variatio delectat" und fügt im "JC-120" und im "JC-160" noch einen Kondensator von 47pF als frequenzabhängige Spannungsgegenkopplung ein. Durch den erwähnten Kondensator entsteht ein weiteres Tiefpaßverhalten. Mit seinem Wert machen dann auch die Grid Stopper wieder Sinn. Die Dimensionierung weicht jedoch leicht ab und man ersetzte einen der beiden 68k-Widerstände durch 33kOhm. Zusätzlich wird die Vorspannung für den Arbeitspunkt des Gate anders erzeugt:

Bild 10: Eingangsstufe eines Roland "JC-120"

Hier beträgt der Eingangswiderstand 100kOhm für "Low" und 1,04MOhm für "Hi". Bemerkenswert ist die starke Gegenkopplung der Schaltung, da der Sourcewiderstand nicht durch einen Kondensator überbrückt wird. Hier ging es augenscheinlich darum, eine möglichst große Aussteuerung bei geringem Klirrfaktor zu erreichen.

Ibanez speckt im "GX20" und "GX30" wieder etwas ab und setzt, wie Yamaha beim G25, auf die bekannte automatischen Gate-Spannungserzeugung und eine größere Verstärkung:

Bild 11: Eingangsstufe eines Ibanez "GX-20"

Beide Verstärker sind insofern interessant, als das der Hersteller in der gesamten Vorstufe komplett auf Feldeffekttransistoren setzt, was angesichts der starken Parameterstreuung durchaus bemerkenswert erscheint. Hier ergeben sich Eingangswiderstände von 132kOhm und 1,034kOhm. In den größeren Verstärkern dieser Serie, dem "GA-60" und dem "GA-100" werden hauptsächlich Operationsverstärker in den Vorstufen verwendet. Hier kommt in der Eingangsstufe ein mit Feldeffekttransistoren aufgebauter diskreter Differenzverstärker zum Einsatz:

Bild 12: Eingangsstufe eines Ibanez "GX-60" (vereinfacht)

Gleichwohl diese Schaltung schon sehr komplex anmutet, wird der Eingangswiderstand wieder nur durch die bekannten drei Widerstände bestimmt. Es ergeben sich dann 124kOhm und 364kOhm.

Lediglich in der Vorstufe des "GT100" findet man die gleiche Schaltung, wie bei Yamahas G-100, mit einem Grid Stopper von 24kOhm für "Hi", 75kOhm für "Low" und 470kOhm statt der 1MOhm. Damit sind die Eingangswiderstände dann 99kOhm und 488kOhm.

Musicman war damals sehr innovativ und setzte auch in der Eingangsstufe des "RD50" einen Operationsverstärker ein. Hier verzichtet man auch gleich auf unterschiedliche Eingänge und die Grid Stopper entfielen ebenfalls. Der 10kOhm-Widerstand dient nur zur Kompensation eventuell vorhandener Offsetspannungen. Gemäß der reinen Lehre sollte er jedoch besser einen Wert von 220kOhm || 22kOhm = 20kOhm haben. Als Eingangswiderstand kann man in diesem Fall von rund 320kOhm ausgehen, da der Pulldown-Widerstand von 1MOhm sich hier doch bemerkbar macht.

Bild 13: Eingangsstufe des "RD50" von Musicman

Diese Schaltung ist bezüglich ihrer Eingangseigenschaften durchaus mit den gezeigten Röhren- oder FET-Schaltungen zu vergleichen. Hinzukommt, daß man hier mit Hilfe der beiden Widerstände am Ausgang leicht eine Verstärkung einstellen kann. Sie beträgt in diesem Fall 220/22 + 1 = 11, was 21dB entspricht. Mit 12 Volt Betriebsspannung wird man dann aber nicht mehr unter allen Umständen auskommen.

Existiert nur ein Eingang, so beträgt der Eingangswiderstand in der Regel 1MOhm. Neben diesem Quasi-Standard gibt es natürlich auch noch ein paar - häufig alte und transistorisierte - Exoten, die mit anderen Werten aufwarten, aber auf die soll hier nicht weiter eingegangen werden. Hier noch einmal die Daten der diskutierten Verstärker im Überblick:

Hersteller Gerät Low High Technologie
Roland JC-120 100kOhm 1,040MOhm FET
Ibanez GX-20 132kOhm 1,034MOhm FET
Yamaha G25 132kOhm 1,034MOhm FET
Fender Diverse 136kOhm 1MOhm Röhre
Gibson GA-40 Les Paul 102kOhm 1MOhm Röhre
Gibson GA-60 200kOhm 520kOhm Röhre
Fender Super Twin 66kOhm 1MOhm Röhre
Mesa-Boogie Dual Rectifier - 1MOhm Röhre
Gibson GA-60 Hercules 182kOhm 570kOhm Röhre
Ibanez GX-60 124kOhm 364kOhm FET
Musicman RD50 - 320kOhm Operationsverstärker

Tabelle 1: Die Eingangswiderstände verschiedener Verstärker im Vergleich

Mehr als die Hälfte der untersuchten Geräte stellt im empfindlichsten Kanal einen Eingangswiderstand von rund 1MOhm zur Verfügung. Da heute nicht nur der weiche Sound für eine Jazz-Gitarre gefragt ist, sondern auch "knackige" Höhen, ist dieser Trend vollkommen richtig, denn die Resonanz der Tonabnehmer wird durch geringe Eingangswiderstände stark gedämpft. Das Resultat von 136kOhm sorgt zum Beispiel beim Stratocastertonabnehmer für ein Absinken der Resonanzspitze von 4,9 auf 1,4dB. Ein vergleichbares Verhalten läßt sich übrigens auch erzeugen, indem die Tonblende an der Gitarre einfach von 10 auf 7 gedreht wird.


3. Effektgeräte

Effektgeräte sind, im Gegensatz zum Instrumentenverstärker, nicht das Ende der Klangkette. Insofern sollte man nicht nur den Eingangseigenschaften, sondern auch dem Ausgang Beachtung schenken. Auch die Betriebsspannung ist von Bedeutung, denn bei den typischen 9V sind keine so großen Signalamplituden möglich. In der Theorie kann man von 4,5Vs ausgehen. In der Praxis geraten die Schaltungen jedoch schon deutlich früher in die Begrenzung.

3.1 Eingangsschaltungen

Bei Effektgeräten kann der Eingangswiderstand ganz unterschiedlich ausfallen, was häufig auch die Begründung für einen Verlust von hohen Frequenzen ist und den Schrei nach dem "True-Bypass" zur Folge hatte. Je nach Schaltungskonzept trifft man hier auf Werte zwischen 19kOhm und 1MOhm.

In der Kategorie "Booster" findet man eine ganze Reihe von relativ alten Effektgeräten, die bei Licht betrachtet, alle gleich aufgebaut sind. Da es damals noch keine preiswerten und hochwertigen Operationsverstärker gab, findet man hier die klassische analoge Schaltungstechnik:

Bild 14: Typische Eingangsstufe eines "Screaming Bird" und des "LBP"

Hier hängt der Eingangswiderstand der Schaltung vom Eingangsspannungsteiler, dem Emitterwiderstand und dem Stromverstärkungsfaktor des Transistors ab. Nimmt man für die streuende Stromverstärkung einen Bereich von 100 bis 800 an, so ergibt sich ein Eingangswiderstand zwischen 19,5kOhm und 35kOhm. Die Verstärkung bewegt sich im Bereich von 18 (25dB). Aus diesem Grund wird eine Vollaussteuerung schon ab einer Eingangsspannung von 100mVs erreicht. Eine Eingangsspannung von 200mVs führt zu einem Klirrfaktor von fast 10%, der auf dem Oszilloskop auch deutlich zu erkennen ist:

Bild 15: Verzerrungen (blau) beim "Screaming Bird"

Mehr als 200mVs sollte man also keinesfalls verwenden, da das Signal ansonsten einseitig hart begrenzt wird! Besser man bleibt bei 100mVs, was dann zu einem Klirrfaktor von "nur" 3% führt. Dieser vergleichsweise schlechte Wert ist durch die schwache Gegenkopplung begründet. Das ist halt der Preis der hohen Verstärkung!

Eine bestätigende Aussage findet man im Forum des Musikding. Hier schrieb das Mitglied lmkv15 am 03.12.2008:

Zitat lmkv15:
Der LPB neigt zum zerren und hat nicht die Reserven.

Beim "Screaming Bird" von einer "Eingangsschaltung" zu sprechen, ist allerdings etwas gewagt, denn da diese Ein-Transistor-Schaltung bereits komplett ist, kann man genau so gut von einer "Ausgangsschaltung" reden! Hier ist dann auch der Ausgangswiderstand von Bedeutung. Er ist keinesfalls größer als 10kOhm. In der Praxis kann man von diesem Wert auch ausgehen, wenn man den Widerstand des Transistors vernachlässigt.

Unter der zum japanische Hersteller Roland gehörenden Marke Boss wird eine Vielzahl von Effektgeräten vertrieben, welche die folgende Eingangstufe aufweisen:

Bild 16: Typische Eingangsstufe modernen Effektes (hier "Boss BF-2")

Durch die geänderte Vorspannungserzeugung und den vergrößerten Emitterwiderstand ergeben sich hier Eingangswiderstände von 327kOhm bis zu 459kOhm. Diese Streuung resultiert aus der Tatsache, daß der Eingangswiderstand auch vom Stromverstärkungsfaktor des Transistors abhängig ist. Und da dieser stark streut, wie man dem Datenblättern entnehmen kann... Der Hersteller selber gibt in der Spezifikation des "BF-2" einen Eingangswiderstand von 470kOhm an. Nun ja, wenn man ein Auge zudrückt...

Die Empfindlichkeit oder besser gesagt der Aussteuerbereich, beträgt bis zu 2,6Vs (1,84Veff) bei einem Klirrfaktor von 0,7%. Normale Elektrogitarren, sollten diesen Eingang daher nicht in Schwierigkeiten bringen. Die Verstärkung beträgt typisch 0,979 (-0,2dB). Dieser Spannungsfolger stellt daher ein typisches Bauelement des Interfaceringes dar.

In der Eingangsstufe des "DF-2" ersetzt Boss einfach den NPN-Transistor durch einen Feldeffekttransistor. Diese Schaltung bietet den großen Vorteil, daß der Eingangswiderstand nur noch von einem Widerstand bestimmt wird. Er beträgt in diesem Fall 1MOhm.

Bild 17: FET-Eingangsstufe des "Boss DF-2"

Wo Licht ist, ist aber leider auch immer Schatten und so beträgt die Spannungsverstärkung dieser Schaltung typisch nur 0,85 (-1,5dB), was durch die geringe Steilheit der Feldeffekttransistoren begründet ist.

Wenn, neben einem großen Eingangswiderstand, auch noch Verstärkung gefragt ist, bietet sich der Einsatz eines Operationsverstärkers an:

Bild 18: OP-Eingangsstufe des "Boss GE-7"

Im "GE-7" beträgt der Eingangswiderstand 470kOhm und er wird wiederum nur durch einen Widerstand bestimmt. Die Verstärkung ist 11 (20,8dB).

Die zu Harman Kardon gehörende amerikanische Firma Digitech verwendet im "RP-1", einem sogenannten "Multieffektgerät", eine sehr ähnliche Schaltung. Da eine symmetrische Versorgungsspannung zur Verfügung steht, fehlt der Spannungsteiler für den Arbeitspunkt des Eingangs. Wie schon im "GE-7" beträgt der Eingangswiderstand 470kOhm. Allerdings begnügt man sich im "RP-1" schon mit einer Verstärkung von 2 (6dB).

Bild 19: OP-Eingangsstufe des "Boss RP-1"

Bemerkenswert ist die weitere Beschaltung des Eingangs. Hier wurde ein passiver Bandpaß realisiert, der aus einem Tiefpaß mit nachgeschaltetem Hochpaß besteht. Die beiden Eckfrequenzen sind 33Hz und 133kHz. Die Hochpaßeigenschaft kann man eigentlich "vergessen" und so besteht die Hauptaufgabe hier wohl darin, das Eindringen hochfrequenter Rundfunksignale zu unterdrücken; im Grunde genommen die gleiche Funktion, die durch die Grid Stopper in den Röhrenschaltungen übernommen wird.

3.2 Ausgangsschaltungen

Auch bei den Ausgangsschaltungen trifft man auf eine gewisse Vielfalt. Häufig müssen technische Belange jedoch hinter monetären Begründungen zurückstehen, wie noch gezeigt wird.

Den Anfang macht die Ausgangsstufe des "BF-2" von Boss, die stellvertretend für viele andere Zeitachseneffekte dieses und anderer Hersteller dient. Hier hat man versucht, "mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen". Aus funktionaler Sicht besteht die Notwendigkeit das originale Signal und das zeitlich verzögerte Signal zu mischen, um so den eigentlichen Effekt zu erreichen. Aus diesem Grunde wird ein Summierer verwendet, der mit einem Operationsverstärker aufgebaut ist. Zum Einsatz kommt hier der in vielen Effektgeräten anzutreffende Operationsverstärker µPC4558.

Bild 20: Ausgangsstufe des "BF-2" von Boss

Neben der Mischfunktion dient der µPC4558 gleichzeitig auch als Ausgangstreiber. Leider sind Operationsverstärker nicht besonders gut dazu geeignet größere kapazitive Lasten, wie das Instrumentenkabel einer Elektrogitarre, zu treiben. Der dadurch entstehende Tiefpaß sorgt für eine zusätzliche Phasendrehung am Ausgang, die über die Gegenkopplung zum negativen Eingang im schlimmsten Fall zu einer Mitkopplung wird. In der Folge beginnt die Schaltung dann zu schwingen. Damit das nicht passiert, "bremsen" die Entwickler diese kapazitive Last etwas aus, indem sie einen Widerstand zwischen Ausgang und Last (hier 470Ohm) legen.

Direkte Aussagen zum Ausgangswiderstand des µPC4558 findet man im Datenblatt leider nicht. Man kann den Wert aus den Angaben zur Ausgangsspannung bei verschiedenen Lasten jedoch berechnen. Er liegt zwischen 200Ohm und 530Ohm. Insgesamt ergibt sich für diese Ausgangsschaltung also ein Innenwiderstand von 670Ohm bis 1kOhm.

Die in der Spezifikation des "BF-2" angegebene minimale Last von 10kOhm entspricht den Angaben zur Treiberleistung des µPC4558 bei einer Versorgungsspannung von +/-15V. Hier scheint also noch reichlich "Luft" zu sein!

Die Frage ob und wann ein Operationsverstärker zu schwingen beginnt, hängt unter anderem von der eingestellten Verstärkung ab. Um das zu verstehen, sehen wir uns einmal den µPC4558 von Innen an. Zu tief wollen wir jedoch nicht einsteigen und so beschränken wir uns auf die Erklärung der einzelnen Funktionsblöcke:

Den Anfang macht ein Differenzverstärker, der aus den bipolaren Transistoren Q1 und Q2 besteht. Die üblichen ohmschen Arbeitswiderstände der beiden Transistoren wurden durch Q3 und Q4 ersetzt. Sie bilden eine sogenannte "aktive Last". Das besondere an dieser Konstruktion sind die unterschiedlichen Widerstände: Aus Gleichstromsicht hat ein solcher Transistor einen sehr geringen statischen Widerstand. Der dynamische Wechselstromwiderstand (h22) ist jedoch recht groß. Durch diese Tatsache vergrößert sich der mögliche Aussteuerungsbereich und die Verstärkung.

Bild 21: Das Schaltbild des µPC4558

Als nächstes kommt die aus Q6 und Q7 bestehende Treiberstufe. Sie hat die Aufgabe, eine große Verstärkung zu erzeugen. Gesteht man jedem Transistor eine Stromverstärkung von 300 zu, so beträgt die gesamte Verstärkung dieser Stufe theoretisch schon 90.000. Wenn man für den Differenzverstärker eine Verstärkung von 100 veranschlagt, so beträgt der gesamte Verstärkungsfaktor 9 Millionen, was 139dB entspricht! Bei dieser Überschlagsrechnung darf man jedoch nicht vergessen, daß hier munter Strom- und Spannungsverstärkung gemischt wurden. Tatsächlich ergeben sich also deutlich kleinere Werte. Für den µPC4558 liegt die Leerlaufverstärkung laut Datenblatt zwischen 20.000 und 100.000 (86dB bis 100dB).

Die Endstufe des µPC4558 ist eine sogenannte "komplementäre Gegentaktendstufe", die aus Q10 und Q11 besteht. Sie ist von ihrer Funktion her einfach ein Spannungsfolger, der die notwendige Stromverstärkung liefert, um die am Ausgang angeschlossenen Last zu treiben. Diese spannungsgesteuerte Spannungsquelle ist theoretisch in der Lage, einen unendlich großen Strom zu treiben, wenn am Ausgang ein Kurzschluß vorliegt. In der Praxis werden die beiden Transistoren einem solchen Ansinnen jedoch einen Riegel vorschieben, indem sie einfach den thermischen Tod sterben. Damit das nicht geschieht, wurde R8 eingebaut, der den maximalen Strom auf unschädliche Werte begrenzt. Er macht den Ausgang quasi kurzschlußfest und definiert gleichzeitig den Ausgangswiderstand der Schaltung. Die mit ihm und der angeschlossenen Last verbundene Dämpfung ist, angesichts der hohen Leerlaufverstärkung jedoch zu verschmerzen.

Die Arbeitspunkte von Differenzverstärker und Endstufe werden durch eingeprägte Ströme festgelegt. Sie werden mit Hilfe von Stromspiegeln aus einer Referenz abgeleitet, die aus Q14 und Q15 besteht. Die Stromspiegel lassen sich einfach und mit definierten Eigenschaften integrieren. Die Ströme folgen dann präzise dem Referenzstrom. Hier muß man also nicht den Arbeitspunkt jeder Stufe getrennt stabilisieren, sondern es reicht aus, eine hochpräzise Referenz zu erzeugen, aus der dann alles weitere abgeleitet wird.

Besondere Bedeutung kommt dem Kondensator C zu. Er definiert eine Kapazität, die aus Wechselspannungssicht parallel zum Eingang des Treibers liegt. Ein gewisser Herr Miller hat herausgefunden, daß diese Eingangskapazität dem Wert des Kondensators C multipliziert mit der Verstärkung der Stufe entspricht. Dieser Effekt wird daher auch als "Miller-Effekt" bezeichnet.

Diese Miller-Kapazität bildet zusammen mit dem Ausgangswiderstand des Differenzverstärkers einen Tiefpaß und verringert so die im Operationsverstärker fest eingebauten Grenzfrequenzen. Auf diese Weise wird sichergestellt, daß bei einer Verstärkung von 1 noch eine ausreichend große Phasenreserve vorhanden ist, um ein Anschwingen des rückgekoppelten Verstärkers zuverlässig zu verhindern. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer "Frequenzgangkorrektur".

Durch das Tiefpaßverhalten des Operationsverstärkers sind seine Grenzfrequenz und damit die mögliche Bandbreite der Schaltung von der eingestellten Verstärkung abhängig. Dabei gilt: je größer die gewünschte Verstärkung, desto kleiner ist die mögliche Bandbreite. Der entsprechende Zusammenhang wird in den Datenblättern, zum Beispiel unter dem Namen "Open Loop Frequency Response", als Diagramm dargestellt.

Bild 22: Open Loop Frequency Response des µPC4558

Aus diesem Bild ist zu entnehmen, daß zur Erreichung einer Bandbreite von 10kHz die Verstärkung nicht größer als 50dB (316) sein darf. In dieser Hinsicht bietet der µPC4558 für die meisten Anwendungen im Audiobereich ausreichend Reserve, allerdings ist das nur eine Seite der Medaille, denn durch die am Ausgang angeschlossene kapazitive Last entsteht ein weiterer Tiefpaß. Die dadurch entstehende zusätzliche Phasenverschiebung verringert die Phasenreserve. Unter Umständen kann die Phasenverschiebung so groß werden, daß zusammen mit der Verstärkung die Schwingbedingung erfüllt wird und die Schaltung zu schwingen beginnt.

Muß also unbedingt eine größere kapazitive Last getrieben werden, kommt man unter Umständen um zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung der Schaltung nicht umhin!

Nachdem wir uns ein wenig im Inneren eines Operationsverstärkers umgesehen haben, kehren wir nun wieder zum eigentlichen Thema zurück: Den Ausgangsstufen der Effektgeräte:

Wer sich den Ausgang des "DF-2" von Boss ansieht, der wird sich an den Eingang des "BF-2" erinnern und tatsächlich wird hier ebenfalls ein Spannungsfolger mit bipolarem Transistor verwendet:

Bild 23: Ausgangsstufe des "DF-2" von Boss

Diese Spannungsfolger haben theoretisch einen unendlich kleinen Ausgangswiderstand, was im Hinblick auf die Signalübertragung eigentlich als Vorteil zu werten ist. Trotzdem setzen die Entwickler von Boss hier einen Serienwiderstand von 1kOhm ein, der mit der angeschlossenen Kabelkapazität einen Tiefpaß bildet. Bei einer Last von 1nF, was für diesen Einsatz schon recht groß ist, ergibt sich eine Grenzfrequenz von 159kHz. Die ist also nicht wirklich störend, denn sie liegt weit über der Bandbreite des Audiobereiches. Letztendlich wird durch diese Vergrößerung des Ausgangswiderstandes der Ausgang kurzschlußfest gemacht, was wohl als Begründung für diesen Widerstand gelten kann.

Boss gibt als minimalen Lastwiderstand einen Wert von 10kOhm an. Dieser Wert scheint bei den Effekteräten dieses Herstellers eine Art Standard zu sein. Zusammen mit dem Ausgangswiderstand ergibt sich für die gesamte Stufe eine Signaldämpfung von -0,9dB was einer Verstärkung von 0,9 entspricht. Dabei entfällt der Löwenanteil auf den fraglichen Widerstand. Hier ist es also von Vorteil, den Lastwiderstand so groß wie möglich zu machen, um den Spannungsverlust zu verringern.

Dieses Ausgangsschaltung findet man in quasi der gleichen Konfiguration bei vielen anderen Effektgeräten (nicht nur von Boss). Sie kann also mit Recht als eine Art Standard betrachtet werden.

Die Ausgangsstufe mit Operationsverstärker ist ebenfalls häufig anzutreffen. Wie bereits erwähnt ist das bei Zeitachseneffekten, wie zum Beispiel dem "BF-2" der Fall. Hier wurde, vermutlich aus Kostengründen, auf einen zusätzlichen diskreten Spannungsfolger, wie in Bild 23 gezeigt, verzichtet.

Bild 24: Ausgangsstufe des "RP-1" von Digitech

Um eine eventuelle Schwingneigun zu unterdrücken, wurden zwei Maßnahmen getroffen:

  1. Die durch die angeschlossene kapazitive Last entstehende Phasendrehung wird durch den 1kOhm-Widerstand entschärft, der ein Tiefpaßverhalten erzeugt.
     
  2. Durch den 120pF-Kondensator wird ein weiteres Tiefpaßverhalten erzeugt.

Beide Maßnahmen dienen also dem selben Zweck. Allerdings darf man zu Recht die Frage stellen, ob denn nicht eine der beiden Vorsichtsmaßnahmen bereits ausreichend ist?

Bei den Ausgangsschaltungen trifft man also auf zwei grundsätzliche Typen: Den bipolaren Spannungsfolger gemäß Bild 23 und den Operationsverstärker. Während sich beim OP leicht größere Verstärkungen einstellen lassen, bleibt der Spannungsfolger immer ein wenig unter 1. Allerdings existiert hier nicht die Gefahr einer unerwünschten Schwingneigung, da diese Schaltungen nicht über eine große Leerlaufverstärkung und eine Rückkopplung verfügen.

Auch ein weiterer Vorteil des bipolaren Spannungsfolgers soll nicht verschwiegen werden: Mit ihm lassen sich in der Regel größere Ausgangsspannungen erzeugen. Bei eine Betriebsspannung von 9V stehen bei dem Operationsverstärker TL081 typisch 5,6V für den Signalhub am Ausgang zur Verfügung. Den Rest der Spannung benötigt der Operationsverstärker zum Betrieb. Der diskrete Spannungsfolger ermöglicht bei der gleichen Betriebsspannung durchaus Amplituden von bis zu 4,2V, was einem Hub von 8,4V entspricht!

Zum Schluß dieses Kapitels bleibt festzuhalten, daß es bezüglich der Ein- und Ausgangswiderstände bei Effektgeräten keine so großen Unterschiede gibt. Bei modernen Geräten beträgt der Eingangswiderstand in der Regel 470kOhm oder ist in Ausnahmen sogar noch größer. Der Ausgangswiderstand beträgt in den meisten Fällen 1kOhm oder weniger. Lediglich bei den Effektgeräten der ersten Generation, wie vielen klassischen Boostern und Verzerrern, aber auch WahWahs, die aus einfachen bipolaren Schaltungen bestehen, sind teilweise deutliche Abweichungen festzustellen. Eingangswiderstände unter 100kOhm oder Ausgangswiderstände über 10kOhm sind da häufig keine Seltenheit, wie das Beispiel des "Screaming Bird" zeigt.

3.3 Sonderfall Volume-Pedal

Eigentlich gehört das Volume-Pedal nicht hierher, denn es arbeitet in der Regel vollständig passiv. Wenn man ein solches Pedal öffnet, so findet man in der Regel nur ein einziges Bauelement: Ein Potentiometer! Etwas teurere Varianten bieten zusätzlich die Möglichkeit, eine Mindestlautstärke einzustellen. Man kann mit Hilfe des Pedals dann stufenlos zwischen der minimalen und der maximalen Lautstärke hin- und herschalten.

Bild 25: Die Schaltung verschiedener Volume-Pedale

Die Stereo-Version eines solchen Pedals unterscheidet sich nur dadurch, daß die Schaltung in zweifacher Form existiert und statt der Einzel-Potis entsprechende Tandems verwendet werden.

Volume-Pedale gibt es meist in einer hoch- und einer niederohmigen Version. Die meisten Hersteller schweigen sich über die Kennwiderstände der verwendeten Potentiometer aus. Unwichtig ist diese Angabe allerdings nicht! Bei den hochohmigen Geräten findet man in der Regel Potis mit einem Kennwiderstand von 470kOhm. Sie sind daher für den Einsatz mit der Elektrogitarre gedacht. In den niederohmigen Versionen findet man häufig 10kOhm oder 25kOhm. Ihr Einsatzgebiet ist das Keyboard oder in der Effektkette einer Elektrogitarre (aber nicht davor).

Potentiometer gehören zu den Verschleißteilen und Gitarristen mögen kratzende Potis, insbesondere in einem Volume-Pedal, überhaupt nicht. Die englische Firma Morley hatte da schon in den 70er Jahren eine Lösung: Das Potentiometer wurde durch einen Spannungsteiler, bestehend aus einem Festwiderstand und einem lichtempfindlichen Widerstand (LDR), ersetzt. In der Nähe des LDR befindet sich eine Glühlampe, deren Helligkeit durch das Poti eingestellt wird.

Bild 26: Der Signalpfad des Morley-Volume-Pedal

Die durch ein kratzendes Poti verursachten Störungen wurden durch die Trägheit der Lampe unterdrückt und der teure Austausch des defekten Potis war nicht mehr notwendig. Dafür mußte man allerdings ab und zu eine defekte Lampe ersetzen. Man kann eben nicht alles haben.

Auch wenn das Netzkabel am Morley-Volume den Verdacht nahelegte, es handle sich dabei um ein aktives Gerät, ist der Signalpfad vollständig passiv aufgebaut, wie Bild 26 zeigt. Prinzipbedingt kann das Signal nicht vollständig auf "Null" gebracht werden, da der Ausgang des Gerätes immer über den 68kOhm-Widerstand mit Masse verbunden ist.

Ein weiterer Unterschied gegenüber den klassischen Volume-Pedalen besteht im Eingangswiderstand. Da beim Morley nur einer der beiden Widerstände verändert wird, sinkt der gesamte Widerstand mit der Lautstärke.

Durch ihre komplette "Passivität" beeinflussen die Volume-Pedale stark das Übertragungsverhalten. Häufig wird ein solches Pedal direkt nach der Gitarre eingesetzt. Hier sind dann zwei Effekte zu bemerken:

  1. Der "Eingangswiderstand" des Pedals dämpft die Resonanz des Tonabnehmers, was als Höhenverlust wahrgenommen wird und
     
  2. zusammen mit der Kabelkapazität am Ausgang des Pedals entsteht ein Tiefpaß, der ebenfalls die hohen Frequenzen dämpft.

Beide Effekte sind (leider) von der Stellung des Pedals abhängig.

Im folgenden Bild wurde der Eingangswiderstand, oder besser gesagt der für die Gitarre wirksame Lastwiderstand, für verschiedene Pedalstellung (0% bis 100%) und Poti-Werte berechnet. Dabei wurde davon ausgegangen, daß das Pedal über ein 5m langes Kabel (500pF) mit einem Verstärker verbunden ist, dessen Eingangswiderstand 1MOhm beträgt. Um die Sache gründlich zu machen, wurde zusätzlich die Grenzfrequenz des entstehenden Tiefpasses gestrichelt hinzugefügt.

Bild 27: Eingangswiderstand und Grenzfrequenz eines Volume-Pedals bei verschiedenen Pedalstellungen

Man erkennt, daß sich der Eingangswiderstand beim 1MOhm-Poti stark verändert. Er ist jedoch noch so groß, daß sich die entstehende Dämpfung der Resonanz in Grenzen hält. Anders sieht es jedoch mit der Grenzfrequenz aus. Schon bei 90% geht über 3,8kHz nichts mehr. Bei 50% sind es dann nur noch 1,6kHz.

Im Hinblick auf die Grenzfrequenz liefert das 25kOhm-Poti die besten Ergebnisse. Selbst bei 50% sind noch mehr als 50kHz drinne, was den "Bedarf" der Elektrogitarre weit überschreitet. Aber leider ist der (relativ konstante) Eingangswiderstand von 25kOhm der "Killer" für jede Tonabnehmerresonanz.

Der Einsatz eines passive Volume-Pedals direkt nach der Gitarre ist daher immer mit gewissen klanglichen Einbußen verbunden. Ein paar Höhen bleiben dabei also immer auf der Strecke. Abhilfe ist nur möglich, wenn man das Pedal durch geeignete Buffer vom Rest der Signalkette entkoppelt. Man benötigt also ein geeignetes aktive Interface.


4. Worauf ist bei der Kombination von Effektgeräten zu achten?

Die meisten Gitarristen verwenden mehrere Effektgeräte. Da stellt sich zunächst die Frage, in welcher Reihenfolge sie in der Signalkette angeordnet werden? Aus vielerlei Gründen hat sich folgende Reihenfolge etabliert, die auch in den sogenannten Multieffektgeräten in der Regel eingehalten wird:

  1. Nichtlinieare Effekte: Pitch-Shifter, Kompressor, Verzerrer
     
  2. Zeitachseneffekte: Phaser/Flanger/Chourus, Delay, Hall

Lineare Effekte, wie Volume-Pedal und Equalizer - zu denen auch das WahWah gehört - werden an verschiedenen Stellen der Kette eingesetzt.

Diese funktional begründete Reihenfolge nimmt jedoch keinerlei Rücksicht auf die elektrischen Eigenschaften der einzelnen Geräte und deren Kopplung. Ein Treble-Booster wie der "Screaming Bird" macht funktional vor einem Verzerrer sicherlich Sinn. Die durch den geringen Eingangswiderstand verursachte starke Dämpfung der Resonanz ist dann jedoch unter Umständen als Nachteil zu werten.

Natürlich steht es jedem Gitarristen frei, die einzelnen Effektgeräte nach persönlichem Geschmack anzuordnen. Auf ein paar Dinge sollte man jedoch aus elektrischer Sicht achten:

Der Eingangswiderstand des ersten Effektgerätes in der Kette, sollte dem Eingangswiderstand des Verstärkers entsprechen und möglichst hochohmig sein. 1 MOhm ist da mit Sicherheit eine gute Wahl. Deutlich kleinere Werte führen zwangsläufig zu einer starken Dämpfung der Tonabnehmerresonanz, was als Höhenverlust wahrgenommen wird.

Der Ausgangswiderstand des letzten Effektgerätes sollte möglichst gering sein und es sollte in der Lage sein, einen möglichst kleinen Lastwiderstand zu treiben. Ein typischer Ausgangswiderstand von 1kOhm ist da in der Regel ausreichend. Größere Werte können zusammen mit der Kapazität des angeschlossenen Kabels zu Höhenverlusten führen. Die Grenzfrequenz des entstehenden Tiefpasses läßt sich mit Hilfe der Formel

fg = 1/(2*pi*Rout*CK)

leicht berechnen. Wer eine Grenzfrequenz von 15kHz anstrebt, kann sich - bei einem Ausgangswiderstand von 1kOhm - eine kapazitive Last von 10,6nF erlauben, was immerhin einer Kabellänge von gut 100m entspricht! Beträgt Rout 47kOhm, so muß das Kabel mit 2,3m schon deutlich kürzer sein.

Über die Treiberleistung schweigen sich viele Hersteller leider aus. Roland gibt für das "GT-6" einen "Nominal Output Level" von 0dBu an, was einer effektiven Wechselspannung von 775mV entspricht. Eine Angabe für die Last fehlt jedoch. 0dBu an einer Last von 10kOhm wäre eine deutlich höhere Treiberleistung als 0dBu an 100kOhm. Da die Verstärker in der Regel Eingangswiderstände von 100kOhm bis zu 1MOhm aufweisen, scheint eine Treiberleistung für 100kOhm durchaus ausreichend zu sein. Oder etwa doch nicht?

Tatsächlich gibt es Fälle, in denen die Treiberleistung unzureichend sein kann. Nehmen wir einmal die eben genannte Last von 100kOhm. Zwischen dem Effektgerät und dem Verstärker liegt jedoch ein Kabel mit einer Länge von 5m. Als Kapazitätsbelag nehmen wir wieder 100pF/m an. Der Blindwiderstand der Kabelkapazität liegt jetzt parallel zum Eingangswiderstand. Beide bilden zusammen eine Impedanz Z. Im folgenden Bild wird der Verlauf dieser Impedanz in Abhängigkeit der Frequenz für zwei Eingangswiderstände dargestellt:

Bild 28: Verlauf der Lastimpedanz bei verschiedenen Eingangswiderständen

Man erkennt an der roten Linie, daß die vorgesehene Last von 100kOhm schon bei einer Frequenz von 2,5kHz deutlich unterschritten wird. Bei 10kHz beträgt der Lastwiderstand nur noch gut 30% seines spezifizierten Wertes! Verwendet man einen Lastwiderstand von 1MOhm (blaue Linie), sieht es nicht viel besser aus. Der Wert von 100kOhm wird schon etwa ab 3kHz unterschritten. Möchte man also eine Frequenz von 10kHz unter diesen Bedingungen sauber übertragen, so muß das Gerät in der Lage sein, mindestens eine Last von 30kOhm zu treiben! Ist das nicht der Fall, so treten sogenannte Stromverzerrungen auf.

Bild 29: Stromverzerrungen durch zu große kapazitive Last

Diese Art der Verzerrung ist sehr unangenehm, da sie nicht bei jeder Frequenz auftritt. Nehmen wir an, es wird die A-Saite angeschlagen. Neben dem Grundton von 110Hz treten dann weitere Vielfache dieser Frequenz auf. Bis zum vierten Oberton - der 5. Harmonischen mit 1,76kHz - ist alles in Ordnung, aber die 6 Harmonische liegt schon bei 3,52kHz und wird folglich verzerrt. Ist sie im Signal nicht mehr besonders ausgeprägt, wird das kaum auffallen. Bei der hohen e-Saite sieht es da schon ganz anders aus: Ausgehend von der Grundfrequenz von 330Hz ist schon die 5. Harmonische mit 5,27kHz von der Verzerrung betroffen!

Noch schlimmer wird es, wenn das Gitarrensignal bereits eine Verzerrerstufe durchlaufen hat. Jetzt gibt es eine Vielzahl zusätzlicher Frequenzen, die jede für sich einer weiteren Verzerrung unterworfen wird. Ein unreiner und "matschiger" Klang kann die Folge sein!

Aus diesen Betrachtungen und insbesondere aus Bild 28 wird klar, warum die meisten Hersteller von Effektgeräten einen minimalen Lastwiderstand von 10kOhm spezifizieren. Damit sind die Geräte in der Lage, bei einer Frequenz von mindestens 15kHz eine kapazitive Last von 1nF zu treiben, was in etwa einem Kabel von 10m Länge entspricht und in den meisten Fällen ausreichend sein sollte.

Die angesprochenen Stromverzerrungen sind übrigens kein Charakteristikum von Transistorschaltungen. So können auch bei der Verwendung von Röhren auftreten. Das Problem besteht hier einfach in der zu geringen "Stromergiebigkeit" der Ausgangsstufe.

Die direkte Verbindung zweier Effektgeräte stellt in der Regel kein so großes Problem dar. Hier werden kurze Patch-Kabel von 20 bis 30cm Länge oder kleine Adapter verwendet, deren Kapazität man quasi vernachlässigen kann.

Bild 30: Typisches Patch-Kabel und Adapter zur direkten Verbindung von Effektgeräten

Der einzige "negative" Nebeneffekt besteht in der linearen Dämpfung der sich durch den Spannungsteiler bestehend aus dem Ausgangswiderstand des treibenden Gerätes und dem Eingangswiderstand des empfangenden Gerätes ergibt.

Bei den typischen Werten von 1kOhm und 470kOhm beträgt die resultierende Dämpfung 0,01dB pro Kopplung. In einer Kette von fünf Geräten verliert man also gut 0,05dB, was getrost vernachlässigt werden kann. Bei einem Spezialfall, wie dem in Bild 14 gezeigten "Screaming Bird" mit einem Eingangswiderstand von 19kOhm, sieht es da natürlich anders aus. Hier würde die systembedingte Dämpfung dann schon bis zu 0,5dB betragen. Naja, Hand auf's Herz. So dramatisch ist das allerdings auch nicht!

Anders sieht es jedoch aus, wenn die verwendeten Effektgeräte vor dem Verstärker und innerhalb des Effektweges des Verstärkers verwendet werden. Physikalisch befinden sich alle Effektgeräte häufig auf einem sogenannten "Pedal-Board", welches sich in der Nähe des Musikers befindet.

Bild 31: Beispiel für ein Pedal-Board mit Effektgeräten

Aus elektrischer Sicht ergeben sich dann mehrere längere Kabelstrecken:

  1. Von der Gitarre zum ersten Effektgerät,
     
  2. vom letzten Effektgerät vor dem Verstärkereingang zum Verstärker,
     
  3. Vom Send-Ausgang des Verstärkers zum ersten Effektgerät in der Loop und

  4. vom letzten Effektgerät in der Loop zum Return-Eingang des Verstärkers.

Hier sind also insgesamt vier längere Kabelstrecken vorhanden. Effektiv muß man sogar von zwei unabhängigen Effektketten sprechen! Entsprechend kann und muß man sogar jede dieser beiden Ketten aus elektrischer Sicht für sich betrachten, wie es bereits gezeigt wurde.

Besondere Beachtung verdient der externe Effektweg von Verstärkern. Dieser ist, gerade bei älteren Geräten, häufig passiv ausgeführt. Die Signalkette wird dazu im Gerät einfach unterbrochen:

Bild 32: Einfache passive Effekt-Loop eines Verstärkers

Da der Ausgangswiderstand einer Röhrenstufe in der Regel im Bereich mehrere hundert Kiloohm liegt, kann man sich das resultierende Problem schnell ausmalen:

Die Schaltung kann keine niederohmigen Lasten treiben und schon ein kurzes Kabel kann alle Höhen verschlucken!

Daß im gezeigten Beispiel noch einige andere Sünden enthalten sind, soll hier nicht weiter betrachtet werden. Hier ist also ein Nachbau nicht zu empfehlen, sondern man sollte es nur als schlechtes Beispiel nehmen!


Fazit

Wie gezeigt wurde, verfügt die Mehrzahl der vorgestellten Verstärker über einen Eingangswiderstand von 1MOhm, die damit eine recht gute Anpassung an die elektrischen Eigenschaften einer passiven Elektrogitarre ermöglichen. Bei den Effektgeräten sieht die Situation etwas anders aus. Die meisten Geräte besitzen einen Eingangswiderstand von 470kOhm und dämpfen damit die "Höhen" der Elektrogitarre etwas stärker als die Eingänge der Verstärker.

Bei älteren Effektgeräten sieht es deutlich schlechter aus. Hier kann die Tonabnehmerresonanz durch einen sehr kleinen Eingangswiderstand teilweise deutlich unterdrückt werden. Eine vergleichbare Situation ergibt sich bei passiven Einschleifwegen von Verstärkern. Auch hier kann eine schlechte Anpassung zu Höhenverlusten führen.

Elektrische Abhilfe läßt sich leicht schaffen, indem zum Beispiel das Signal der Gitarre durch einen Impedanzwandler mit hochohmigem Eingangswiderstand gepuffert wird. Eine vergleichbare Schaltung läßt sich auch zur Erhöhung der Treiberleistung von ungepufferten Einschleifwegen nutzen. Wer über ein wenig elektronische Bastelwut verfügt, kann hier mit einer handvoll Bauteile für kleines Geld schnell Abhilfe schaffen.

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