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Die Schaltung der "Red Special"

Einleitung

Elektrogitarren gibt es mittlerweile in einer schier unüberschaubaren Vielfalt. Neben den drei bekanntesten Standards aus der Serienproduktion, "Telecaster", "Stratocaster" und "Les Paul", hat jeder Hersteller noch weitere eigene und teilweise sehr ungewöhnliche Kreationen im Programm. Es gibt allerdings nur sehr wenige Instrumente, die aus der großen Masse herausstechen. Die "Red Special", ein Eigenbau von Brian May, gehört sicherlich zu den wirklich bemerkenswerten Ausnahmen.

Bild 1: Brian mit seiner "Old Lady"

Ein wesentlicher Grund für den besonderen Klang dieses Instrumentes liegt in der Positionierung der Tonabnehmer sowie im Aufbau ihrer elektronischen Schaltung begründet, auf die ich nachfolgend eingehen möchte:


Die Schaltung der "Red Special"

Der junge Brian May hatte sein Auge ursprünglich auf eine Fender "Stratocaster" geworfen, was Anfang und Mitte der 60er Jahre nicht ungewöhnlich war. Nur leider fehlte ihm das nötige Kleingeld, was auch heute noch für viele junge Gitarristen gilt. Als er dann zusammen mit seinem Vater daran ging sich selber eine Gitarre zu bauen, lieferte die "Stratocaster" die Begründung für drei Tonabnehmer. Da er jedoch auch den "fetten" Klang der Les Paul haben wollte, wich er von dem quasi als Standard anzusehenden Konzept der Parallelschaltung ab und ordnete die drei Tonabnehmer elektrisch in Reihe an. Weitere Klangvariationen wurden durch Phasenumkehrschalter für jeden Tonabnehmer möglich. Hier beide Schaltungskonzepte zum Vergleich:

Bild 2: Das "Multi Sound Wiring" in der Parallel- und Reihenform

In beiden Fällen ergeben sich 13 unterschiedliche Kombinationen. Durch die Reihenschaltung der Tonabnehmer wird die Gitarre doppelt so laut und bietet so mehr Reserven, um einen Röhrenverstärker zu übersteuern. Daß sich bei dieser Schaltungsvariante die Resonanzfrequenz um den Faktor 1,4 verringert, ist aus klanglicher Sicht zusätzlich als Vorteil zu werten. Das ganze klingt dann wesentlich mittiger, eher wie ein Humbucker und keinesfalls mit den bekannten Tonabnehmerkombinationen der "Stratocaster" zu vergleichen. Erst das S1-Switching von Fender brachte hier eine Annäherung.


2. Die Tonabnehmer

Als Tonabnehmer setzte Brian May zuerst auf eine eigene Single-Coil-Entwicklung deren Magnete jeweils eine entgegengesetzte Polarität hatten (N-S-N-S-N-S). Er hoffte, auf diese Weise einen Humbucker-Effekt zu erreichen, was aber in dieser Form nicht funktionierte. Statt dessen wurde der Tonabnehmer zwischen den Polen unempfindlich, was sich besonders bei Bendings störend bemerkbar machte. Die finale Lösung ergab sich dann mit drei Tri-Sonic-Tonabnehmern von Burns, die Brian allerdings neu wickelte. Der mittlere Tonabnehmer wurde dabei ein RW/RP, um in der Kombination mit einem weiteren Pickup eine Humbuckerwirkung zu erreichen.

Die von Brian May entwickelte Schaltung ist aus damaliger Sicht als revolutionär zu bezeichnen. Auch heute noch ist sie sehr ungewöhnlich und - selbst in Teilen – kaum in Serieninstrumenten zu finden. Eine Ausnahme stellt nur die "Brian May Signature" dar, die als aktuellen Versuch eines Replikates für den Massenmarkt gewertet werden muß. Hier eine kurze Beschreibung der wichtigsten Kombinationen:

# Kombination Beschreibung
1 B+M Diese Kombination verwendet Brian May in 85% aller Fälle. Am besten hörbar sind diese Einstellungen auf "Hammer to Fall" und "Tie Your Mother Down". Diese Einstellung wird ebenfalls im Intro zu "Brighton Rock" verwendet.
2 M+N Diese Einstellung gibt einen Violin ähnlichen Ton. Brian benutzt diese Einstellung für die Solos auf "You Take My Breath Away" und "Leavin' Home Ain't Easy". Für diese weichen Sounds benutzt Brian meistens seine Finger anstelle des üblichen Sixpence Stücks.
3 B+N Ein schneidender aber süßlich, fetter Sound.
4 B-N Diese Out-of-Phase-Kombination erzeugt einen starken, höhenreicher Klang den Brian für Songs wie "Liar" und die Gitarrenriffs auf "Stone Cold Crazy" verwendete.
5 M-N Ein beißender Leadton speziell in Verbindung mit High Gain Einstellungen. Brian benutzt diesen Klang in "Bohemian Rhapsody", "Somebody To Love" und "The March of the Black Queen".
6 B+M-N Alle drei Pickups angewählt erzeugt einen Rickenbacker ähnlichen Ton, der eine etwas härtere Version der Kombination 1 sein könnte.
7 -B+M+N Ein sehr warmer Sound bei hohen Lautstärken, der ein wenig an eine Violine erinnern kann.
8 B-M+N Brian nennt diesen Sound seinen "Bread and Butter". Dieses Sound klingt etwas seltsam und hohl, speziell bei High Gain Settings.

Tabelle 1: Einige Klangkombinationen der "Red Special"

Wenn man sich einmal vergegenwärtigt, daß Brian May die wichtigsten Solos aus dem umfangreichen Queen-Repertoir alle mit Out-of-Phase-Kombinationen gespielt hat, wird klar wie groß der Einfluß der "Red Special" auf den sogenannten "Queen-Sound" eigentlich ist.


3. Replikate

Die "Red Special" ist mit Sicherheit eine der am meisten von Laien kopierten Gitarren, was schlicht und ergreifend daran liegt, daß sie bisher kaum industriell produziert wurde. Die meisten Versuche waren wenig zufriedenstellend oder schlicht und ergreifend zu teuer sodas die Produktion meist schon nach kurzer Zeit wieder eingestellt wurde. Gleichwohl war Brian May selber immer stark einem Replikat interessiert, da seine "Old Lady" als Einzelstück quasi unersetzlich ist.

Es gab in der Vergangenheit Kopien von Greco (Japan), John Birch, Guild (USA), Kids of Japan (Japan), Watson Guitars, Red Rome Guitars (Italien) und dem Australier Greg Fryer, der auch die Restauration der originalen Red Special durchführte.

Heute sind kommerzielle Kopien von K'z Guitar Works (Japan), RS Guitars (USA), Seiji Matsumura (Japan), Dillion (Korea), Jim Reed (Italien), Legg Guitars (Italien), The Guyton Guitars (Großbritannien) und natürlich von Burns / Brian May Guitars am Markt verfügbar.

Bild 3: RS-Terzett - Welches ist denn nun das Original?

Man unterscheidet bei den heutigen Modellen zwischen solchen, die an die "Red Special" angelehnt sind und solchen, die den Anspruch verfolgen ein vollständiges Replikat zu sein. In die erste Kategorie fällt auch die "Brian May Signature Guitar", die ursprünglich von Burns produziert und vertrieben wurde und jetzt direkt von der Firma des Meisters, "Brian May Guitars" weiterentwickelt wird.

Wer ein wirkliches Replikat möchte, der sollte sich einmal bei K'z Guitar Works in Japan umsehen. Aber Vorsicht! Die Brieftasche sollte gut gefüllt sein. Eine gute Paula aus Nashville ist da häufig günstiger. Leider scheint K'z zur Zeit keine Instrumente mehr anzubieten, aber die Bilder auf seiner Webseite sprechen für sich.


4. "Red-Special-Light"

Wer Besitzer einer "Stratocaster" ist und gleichzeitig über etwas Experimentierwut verfügt, der kann das Schaltungskonzept der "Red Special" leicht übertragen. Hier der Verdrahtungsplan:

Bild 4: Der Verdrahtungsplan für die "Red Special"

Die originalen Slider lassen sich leicht durch 6 Mikroschalter vom Typ ON/ON ersetzen. Problematisch ist nur die Unterbringung der Schalter. Am Ende der Prozedur hat man eben 6 Löcher im Pickguard der armen Strat. Aber auch hier findet sich mit ein wenig Überlegung eine Lösung:

Bild 5: "Red Special" mit nur drei Schaltern

Man verwendet einfach 3 Schalter vom Typ ON/ON/ON. In der Mittelstellung ist der betreffende Tonabnehmer deaktiviert. Die beiden Endstellungen liefern dann In-Phase oder Out-of-Phase, wenn weitere Tonabnehmer aktiviert sind. Für sich alleine ist der Tonabnehmer dann einfach nur aktiv. Das man bei dieser Lösung 3 Schalter spart, ist zwar ganz angenehm, fängt aber leider nicht den wesentlich höheren Preis der ON/ON/ON-Schalter auf.

Wer auf diese Weise seine "Stratocaster" modifiziert darf jedoch nicht erwarten, damit eine "Red Special" in den Händen zu halten, denn ein elemantarer Unterschied bleibt bestehen: Die RS ist ein 24-Bünder und die relativen Positionen der Tonabnehmer sind ganz anders, als bei den üblichen Elektrogitarren. Allein daraus resultiert ein Klangunterschied, denn man ohne mechanische Veränderungen mit einer Strat nicht erreichen kann.

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